Lesung: niemerlang – Lyrik spezial

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Datum/Zeit
29.04.2023, 19:00 - 20:30

Lesung: niemerlang – Lyrik spezial
Datum: Samstag 29.4.2023
Zeit: 19.00-20.30 Uhr
Ort: Möbelkooperative Süd, Richard-Lehmann-Straße 47a, 04275 Leipzig
Vier großartige und deutschlandweit bekannte Dichter*innen werden ihre neuesten Gedichtbände vorstellen und mit Carl-Christian Elze und Moritz Schlenstedt ins Gespräch kommen.
Andra Schwarz (Poetenladen-Verlag): „TULPA“

Andra Schwarz`zweiter Gedichtband TULPA entfaltet in dicht komponierten Zyklen eine unheimliche Bildwelt, düster und verstörend, immer dem Alb nah und dem Mond, der das Alter Ego des lyrischen Ichs umkreist. Ob als imaginärer Elefant, Zwilling, Misch- oder Un­wesen spielt es mit wechselnden Figuren, Bezügen und Perspektiven. Die Gedichte folgen einer dunklen Stimme, die sich wie ein Parasit in die Verse frisst, auf- und wieder untertaucht, Fallen stellt und so ein undurchsichtiges Schattenspiel entwirft.
„Die Leonce- und Lena-Preisträgerin spricht mit unvergleichlicher dichterischer Stimme und nimmt Bezug auf so prägende Dichterinnen wie Ingeborg Bachmann und Sylvia Plath.“
„Das Trugbild bewegt sich im Schatten der Gefühle, wacht im toten Winkel, blitzt mit dem Glasauge, vergeht als Schauer im Rücken, kehrt wieder in falschen Federn, bis es das Ich heimlich verschlingt.“

Nico Bleutge (C.H. Beck Verlag): „schlafbaum-variationen“

Anfangen, wieder. Ein Kind wird geboren. Richtet die Wahrnehmung neu aus. Euphorie wechselt sich ab mit Erschöpfung. Zugleich ist da der Schmerz des Verlustes. Ein geliebter Mensch ist kurz zuvor gestorben. Der Schock hallt nach, schneidet ein in den Körper und in die Laute. Wie lassen sich Gefühle und Gedanken ineinander übersetzen? Wie hängen Wörter und Ich zusammen? Erfüllende Momente und Leid? Nico Bleutge holt diese Fragen in das Sprechen und gewinnt aus ihnen seinen ganz eigenen Rhythmus. Darin reflektiert er die elementaren Widersprüche und Veränderungen unserer Gegenwart, wie sie der flimmernde Titelzyklus spürbar macht. Wir folgen Falken und Staren an den Tiber, sehen Risse in den Bildern, die den Rissen in der Landschaft ähneln. Und die Erinnerung speist scheinbar Nebensächliches ein. Verse über das Beginnen, über Sprache vor der Sprache und über das Verhältnis von Erinnerung und Präsenz. Die Zeit dehnt sich oder schießt im Spiel der Laute zusammen: «dies nagen, ineinanderdrehen / von wolken, beginn: nicht eine / silbe zum stehen, stauchen / alles drin».
Mit großem sprachlichen Gespür geht Nico Bleutge den Lücken in der Wahrnehmung nach und zeigt uns die Kraft der Wörter, klangstark, lustvoll, ebenso konkret wie imaginär.

Björn Kuhligk (Hanser Berlin): „An einem Morgen im März“

Björn Kuhligk erweist sich erneut als politischer Lyriker und verfasst ein Langgedicht über das Jahr 2020 in dem die Normalität unseres Alltags zusammenbrach.
Zwei Jahre nach dem ersten Lockdown wagt Björn Kuhligk das Unaussprechliche und präsentiert den genervten Pandemieprofis in uns ein Langgedicht über die Erfahrung, die alle mehr verändert hat, als wir ahnen. Die Leere / vor mir und mich selbst im Rückspiegel / mit der Leere hinter mir, so beginnt die Reise durch den Zyklus jenes Jahrs, in dem sich die Chance der Ruhe in Starre verwandelte, in dem die Grenzen nur noch für die Spargelstecher aus Rumänien geöffnet wurden und Selfies irgendwann Räudigkeit, Hilflosigkeit und Bedürftigkeit ausstrahlten. Mit sozialkritischem Blick und dem Gespür eines Fotografen bannt Kuhligk Empfindungen und Beobachtungen in Momentaufnahmen mit Langzeitwirkung.

Safiye Can (Büchergilde): „HerzSchlagDrama“

Safiye Cans Gedichte sind modern und eigenständig, sie spüren den Dingen des Lebens und des Liebens nach. Mit neuen und überraschenden Metaphern besingen sie die Liebe in einem musikalischen Ton, dessen rhythmische Einheiten das Gesagte überführen, wobei ein ganz eigener, besonderer Klang entsteht. Cans Gedichte fragen nach dem Platz des Einzelnen in der Welt, nach Heimat, nach Zugehörigkeit. Sie oszilliert zwischen dem lyrischen Bild und einem starken gesellschaftspolitischen Engagement. Eine exklusiv für die Büchergilde mit der Autorin abgestimmte Auswahl aus ihren gesellschaftskritischen, engagierten Gedichten wie auch aus ihrer Liebeslyrik.

Stattfinden wird das Ganze an einem ungewöhnlichen und charmanten Ort: der „Möbelkooperative Süd“, die sich auf Designklassiker und Interieur aus den 50er, 60er und 70er Jahr spezialiert hat. Wir werden dort auf sehr unterschiedlichen und schönen Möbeln sitzen 🙂

https://moebelkooperativesued.wordpress.com/

Zwischen den kurzen Lesungen der vier Dichter*innen wird es Musik von Lutz Steinbrück an der E-Gitarre geben.

Lutz Steinbrück

Lutz Steinbrück ist 1972 in Bremen geboren. Aufgewachsen in Bremen und Delmenhorst, Studium in Oldenburg (Anglistik und Germanistik). Schrieb in den 90ern für Bandprojekte, in denen er sang und Gitarre spielte. Erste Gedichte entstanden ebenfalls. Seine Magisterarbeit „Fremde Heimat“ über Vechta in der Lyrik Rolf Dieter Brinkmanns erschien 2007 im Oldenburger BIS-Verlag. Seit 2004 wohnhaft in Berlin und als Autor, Musiker und Journalist tätig. Veröffentlichung von Gedichten in Zeitschriften (u.a. lauter niemand, poet, SIC, Ostragehege, randnummer), Anthologien (u.a. Dt. Lyrikkalender 2011-13, Versnetze 3-6, 8-13) sowie online (u.a. Poetenladen, Lyrikmail, Fixpoetry). Sein Debüt „Fluchtpunkt:Perspektiven“ erschien im September 2008 im Lunardi Verlag/Berlin. Der zweite Lyrikband „Blickdicht“ wurde im März 2011 im Verlagshaus J. Frank (Berlin) veröffentlicht. Publikation des dritten Gedichtbandes im Frühjahr 2020 im KLAK Verlag (Berlin). Zahlreiche Lesungen, u.a. im Rahmen der Leipziger Buchmesse, beim Berliner Poesiefestival 2011, 2012, 2017 und auf dem Mainzer Literaturfestival 2009. Im Herbst 2022 Veröffentlichung seines ersten Kindebuches „Lucy und die Ohrwichtel“ (Undine Verlag). Eine Vielzahl von Auftritten und diverse Veröffentlichungen als Musiker (u.a. 2019 das Soloalbum „Selbstportraits“ und das Album „Distanzen“ mit der Band neustadt via Record Jet sowie zuletzt im Herbst 2022 mit der Band Lutzilla die EP „First we tape Manhattan“ auf Kassette und online).