Regine Kress-Fricke und Jean Kirsten:

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„Hommage à Martha & Rudolf von Laban“

Februar 2022 – Empfehlung des Monats von Renate Maria Riehemann

Ich bin begeistert. Die empathischen Momentaufnahmen aus dem Leben von Martha und Rudolf von Laban (1879-1958) lesen sich wie die verdichtete Biografie zweier unkonventioneller und bis zur Selbstüberschätzung mutiger Menschen, die ihre Liebe und das Leben feiern. Und man erfährt allerhand über die beiden Liebenden und die Entstehung des Gedichtbildbandes. Der Anlass für den Gedichtzyklus ergab sich für Regine Kress-Fricke 2013 beim 100jährigen Jubiläum auf dem Monte Verità. Hier hatte Jean Kirsten „Platonische Körper“ und Arbeiten zur Zeichensprache der Tanzschrift Labanotation ausgestellt.

Doch zurück zu den Personen, um die es geht.. „Champagner explodiert / tauft die Liebenden /volljährig / schreit der Kalender / Freiheit“ beginnt das erste Gedicht mit Korkenknallen, denn Rudolf und Martha von Laban heiraten trotz großer Standesunterschiede und entgegen dem Willen ihrer Eltern. Die Liebenden gehen nach Paris, studieren, starten ihre Künstlerlaufbahnen, genießen das Leben. Wunderbar das Bild „Die Hunde des Krieges / An kurzer Kette“ im Gedicht „1903“, das den Taumel der Zeit festhält, der 1907mit dem frühen Tod der erst 28-jährigen Malerin und Mutter Martha von Laban auch für Rudolf von Laban zunächst endet. Doch er wagt sich wieder ins Leben und erlangt als Tänzer, Choreograph, Autor und Schöpfer der Tanzschrift Labanotation nachhaltigen Ruhm. Mit diesem Neubeginn endet der Gedichtzyklus. Das Bild „Jeder nach seiner Art / Nur der Traumtänzer / Spannt seinen kilometerlangen / Leib von Kontinent zu Kontinent“ aus dem Schlussgedicht „Traumtänzer“ hat sich mir eingeprägt. Warum nicht Traumtänzer sein und die Ziele fliegen lassen?

Das Zusammenwirken der Gedichte und der siebzehn zumeist schwarz-weißen Abbildungen der künstlerischen Arbeiten von Jean Kirsten finde ich sehr gelungen. Mensch und Material, Figur, Fläche und Form gehen zusammengehörend ineinander über, sind bisweilen nicht zu trennen, verstärken die Aussage der freien Verse wie ein dickes Unterstreichen. Dann aber scheint es mir wieder umgekehrt: Wenn ich die Abbildungen auf mich wirken lasse, sinniere ich mich in Situationen und Körper hinein. Nun wirkten die Verse wie ein Unterstreichen. In und hinter den Gedichten und Bildern suche und finde ich Lebensspuren des Tanzerneuerers Rudolf und seiner Frau Martha, komme ihnen näher, blätterte vor und zurück in dem Gedichtband, den ich gewiss noch häufig zur Hand nehmen werde. Allerdings brauche ich ein neues Fach im Regal: Lyrische Biografien.

Regine Kress-Fricke & Jean Kirsten

Hommage à Martha & Rudolf von Laban.

Gedichtbildband

Ludwigsburg: Pop Verlag 2021

ISBN 978-3-86356-310-3

62 Seiten

16,40 €