Hannover in Leipzig und Leipzig in Hannover
Die Städtepartnerschaftslesungen hatte Ralph Grüneberger im vergangenem Sommer angeregt, nachdem er im Mai 2022 die Kurt-Sigel-Preisträgerin Sabine Göttel aus Hannover bei der Tagung des deutschen PEN-Zentrums in Gotha kennengelernt und die in Hannover gut vernetzte Kollegin für die Mit-Organisation dieses Projekts hatte gewinnen können. Die Messestädte Leipzig und Hannover verbindet seit 1987 eine Städtepartnerschaft. 2015 hat Ralph Grüneberger für die Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik (GZL) im Jubiläumsjahr „1000 Jahre Leipzig“ die Sonderausgabe der Zeitschrift „Poesiealbum neu“ unter dem Titel „Gedichte von Welt. Leipzigs Partnerstädte“ zusammengestellt und herausgegeben. Nun sollte die Verbindung Leipzig-Hannover erstmals auch literarisch mit dem Austausch von jeweils einer Autorengruppe gewürdigt werden. Vor dem Hintergrund der zugesagten Finanzierung durch das Kulturbüro in Hannover lud die Lyrikgesellschaft Sabine Göttel, Caroline Hartge und Stefan Heuer am 23. März 2023 nach Leipzig ein, und die beiden Lyrikerinnen und der Lyriker aus Hannover bzw. aus dem Hannoveraner Umland stellten ihre Neuerscheinungen vor. Allerdings streikten an dem Tag die Leipziger Verkehrsbetriebe, sodass das Publikum im Literaturcafé bedauerlicherweise übersichtlich blieb.
Eine Woche später sollte in Hannover der Gegenbesuch mit Carl-Christian Elze, Ralph Grüneberger und Kathrin Wildenberger stattfinden. Alle drei wollten mit Büchern anreisen, die sich auf Leipzig beziehen und so dem Hannoveraner Publikum ihre Partnerstadt im Osten Deutschlands näher bringen. Jedoch erhielt das Vorhaben vom Kulturamt der Stadt Leipzig keine Förderwürdigkeit und der Austausch wäre fast nicht zustande gekommen. Am 22. März, einen Tag vor der Ankunft der Hanoveraner, erhielt Ralph Grüneberger die Nachricht, dass das Referat Internationale Zusammenarbeit aus Leipzigs Oberbürgermeisteramt die Reisekosten für die Lesung der Leipziger tragen wird. Zuvor hatte der Vorstand der GZL bereits entschieden, das Honorar für die Lesung zu übernehmen. Alles war also zum Guten geregelt, aber dann kam es ganz anders. Erst sagte Carl-Christian Elze einen Tag vor der Lesung krankheitsbedingt ab und am selben aus demselben Grunde Kathrin Wildenberger. Zu der Zeit war Ralph Grüneberger, als „letzte Mohikaner“ aus Leipzig, schon auf dem Weg nach Hannover und vertrat am 30. März 2023 bei der Lesung in der Stadtteilbibliothek seine Heimatstadt vor allem mit seinem Gedichtzylus „Straße im Leipziger Osten“, der von 1978 bis ins Jahr 2015 führt. Sabine Göttel, Caroline Hartge und Stefan Heuer standen ihm dabei mit einer erneuten Lesung aus ihren neuen Büchern zur Seite.
Dass die Lesung in der Oststadtbibliothek Hannover an diesem nasskalten Tag zudem gut besucht war und von der Leiterin des Sachgebiets Internationale Kulturarbeit und Städtepartnerschaften, Janika Millan, eröffnet wurde, zeigte die Bedeutung, die Hannover diesem literarischen Austausch gab. Fortsetzen könnte man dies beispielhaft, indem die Leipziger Stadtbibliothek künftig in ihrem „Leipzig-Zimmer“ ein Regal allein mit Büchern von Autorinnen und Autoren aus den 14 Partnerstädten bestückte und diesen Lesestoff so den Benutzerinnen und Benutzern explizit empfehlen würde. Das wiederum könnte Schule machen in den Stadt- und Universitätsbibliotheken von Leipzigs Partnerstädten und den literarischen Austausch fortsetzen.
R.G., 5. April 2023