Eva-Maria Berg: Pour la lumière dans l’espace / für das licht im raum

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Empfehlungen des Monats · September 2021
von Franziska Beyer-Lallauret

«Pour la lumière dans l’espace», zu Deutsch «für das licht im raum», heißt das zweisprachige Bändchen von Eva Maria Berg, das von Matthieu Louvrier eindringlich illustriert wurde und im ungewöhnlichen Querformat vorliegt. Für die Übersetzung ins Französische hat die Autorin mit Olivier Delbard zusammengearbeitet. Das Buch erschien im April 2020, mitten im ersten Coronasturm, im französischen „L’Atelier des Noyers“. Der Verlag hat es sich auf die Fahnen geschrieben, Schrift und Bildende Kunst zusammenzubringen. Louvrier übrigens hat sich, während die Bilder mal in zarten, mal kräftigen Farben entstanden, nicht nur von der schwebenden Sprache Bergs, sondern auch von der Musik von Chopin, Rachmaninov, Schumann und Kirchenmusik inspirieren lassen  Ganz im Sinne von Schlegels Universalpoesie!

Auch die klassischen Hauptmotive, der Raum und das Licht, oder auch deren Abwesenheit, in jedem der kurzen Texte neu in Szene gesetzt, erinnern stark an die Frühromantik, insbesondere an Schellings naturphilosophische Theorie von der All-Einheit.

Die Gedichte, die in beiden Sprachen meist nur aus wenigen Worten oder knappen Versen bestehen, wirken zunächst sehr einfach und für die Lesenden sofort verständlich, vielleicht sogar selbstverständlich, wie Lebensweisheiten oder blitzartige kleine Beobachtungen, die augenblicklich nachzuvollziehen sind. Mit Verklausulierungen hält Eva Maria Berg sich in der Tat nicht auf. Es lohnt sich aber, zwischen den Zeilen zu forschen, denn dort sind einige Überraschungen verborgen. Wir finden Sprache wie gemalt, Parallelbilder zu den zarten Illustrationen: „wenn niemand hinausgehen mag / bleibt der regen unter sich / und legt einen tank an / für die menschen“. Das Licht ist mal „lupenrein“, mal hat es „bereits seinen namen gelöscht“; die Zeit „begann / ins haus zu schneien / und türmte sich / bis hoch zum dach“. Personifikationen, nicht zuletzt von Wort, Lied und Sprache selbst, ziehen sich immer neu variiert durch alle Strophen. Der Mensch, oder stellvertretend für ihn seine fünf Sinne, allen voran das Sehen, wird anders, demütiger in die Welt und damit in den Kosmos gestellt.  Er scheint auf der Suche, strebt nach Transzendenz. In den Errungenschaften der Zivilisation, die unter anderem durch Gebäude, Glühbirnen und vor allem Glas als Sinnbild der Kälte repräsentiert werden, verliert er sich. Die Frage nach inneren Alternativen ist allgegenwärtig. So kann Bergs Text auch zusammenhängend als ein einziges Gedicht oder als eine Art poetische Meditation gelesen werden.

Angesichts der Pandemie treffen die Verse, obgleich sie wohl einige Zeit vorher entstanden sind, buchstäblich ins Schwarze und schaffen neue Reminiszenzen, die so vielleicht gar nicht beabsichtigt waren, heute aber umso heftiger in Augen und Ohren springen: Der „kopf dröhnt / aus mangel / an musik“, aber die Kunst wird wie bei Novalis zur erhofften Rettung: „vielleicht ein wieder / erwachen die melodie / gitarren und geige / ohne noten der / dreiklang betörend“.


Pour la lumière dans l’espace
Auteur : Eva-Maria Berg, traduction Olivier Delbard
Plasticien : Matthieu Louvrier
Collection Carnets de Vie (bilingue français-allemand)
Editions : L’Atelier des Noyers
ISBN : 978-2-490185-36-8
14,00 €

Pour la lumière dans l’espace    

que la nuit enferme pour

l’écoute du silence

qui emplit l’espace

pour l’autre côté du jour