
Empfehlung des Monats Juni 2025 von Florian Birnmeyer:
Axel Görlach: halsermohnz
Axel Görlach, bekannt durch mehrere Lyrikbände, legt mit halsermohnz seinen vierten Gedichtband vor. Der Titel, ein Neologismus, öffnet bereits den Raum für Vieldeutigkeit. Die Gestaltung in Schwarz-Weiß mit klarer Typografie und eleganter Schreibschrift, handschriftlich verfasst vom Autor selbst.
Die Gedichte sind unbetitelt, kompakt, geprägt von Ellipsen, Anglizismen und einem lakonischen Ton. Görlach beobachtet den Alltag genau, entwickelt daraus dichte Sprachbilder, Wortkombinationen, Enjambements. Die Sprache ist reduziert, oft auf Substantive und Adjektive beschränkt, wie eine eingedampftes Sprachsubstrat:
ritze kerbe in plastikwartestuhl, praxis laut
überlaufen, desto fremder je öfter hier
Der Lyriker arbeitet mit Rhythmus, spielt mit Mediensprache, Anglizismen, Schlagworten und politischen Floskeln. Gesellschaftskritik schwingt mit, etwa in Versen über Grenzen, Komfortzonen oder nationale Narrative:
grenzen überwach wachsende zäune, bleiben
komfortzonen, aber für viele nicht
Auch politische Phrasen werden seziert – „Deutschland muss wieder führend in der Welt …“ –, bis nur noch zerlegte Worthülsen übrigbleiben. Statt politischem Pathos: Analyse. Statt Show: engagierte Lyrik, auch wenn es manchmal idealistisch erscheint, ein Vorrecht der Literatur. Die Gedichte greifen hinein in die Gegenwart, sind modern, und doch alltäglich, aus dem Leben gegriffen.
Ein wichtiges Motiv ist das titelgebende halsermohnz, das mal Meditation, mal Salamibrot mit Gurke, mal Plan A ist. Es bleibt schwer greifbar und bis zum Schluss eine Vielzahl, die offen ist. Auch lyrische Miniaturen wie das Beluga-Gedicht hinterlassen Spuren:
glaube an weißen gesang von belugas
ihr helleres leuchten als schaumkronen
Görlachs Sprache ist präzise, aber nicht abgeschlossen. Es sind Medaillons im Sprachgewirr der Gegenwart, die kurz aufleuchten. Was bleibt, ist ein feiner Band mit Eigensinn und Rhythmusgefühl.
Axel Görlach:
halsermohnz
Broschur, 36 S., 8,00 €
ISBN 978-3-930654-78-9
Black Ing, Scheuring, 2025