Kaum ein Dichter wird in deutschsprachigen Gedichten der Moderne, vor allem in der Zeit nach 1945, so häufig zitiert, adressiert und porträtiert wie Friedrich Hölderlin.
Anlässlich der 250. Wiederkehr von Hölderlins Geburtstag ist ihm diese Ausgabe gewidmet. Eine fundierte Rezension findet sich in der Leipziger Internetzeitung vom 24. September 2020.
102 Autorinnen und Autoren vereint die Nr. 2/2020 unserer Zeitschrift „Poesiealbum neu“ – die jetzt erschienen ist. Eine erste Rezenion finden Sie in der Leipziger Internetzeitung: https://www.l-iz.de/bildung/buecher/2020/09/Poesie-Narrheit-Das-neue-Poesiealbum-neu-ist-ein-vielstimmiges-Bekenntnis-zum-unvergessenen-Geburtstagskind-350458
Verbindliche Bestellungen richten Sie bitte per E-Mail an: kontakt@lyrikgesellschaft.de
Ausgabe umfasst 92 S. und kostet 7,50 €.
Die Autorinnen und Autoren:
Manfred Ach
Esther Ackermann
Johanna Anderka
Michael Augustin
Yvonne Balg
Marianne Beese
Jochen Berendes
Eva-Maria Berg
Franziska Beyer-Lallauret
Hans Gustav Bötticher
Sabine Brandl
Timo Brandt
Wolfgang Braune-Steininger
Hans Dietrich Bruhn
Lars-Arvid Brischke
Daniel Büttrich
Ingo Cesaro
Georg Oswald Cott
Udo Degener
Doris Distelmaier-Haas
Stéphanie Divaret
Jens-Fietje Dwars
Eckhard Erxleben
Leonhard Ehlen
Patricia Falkenburg
Wolfgang Franke
Peter Frömmig
Tuncay Gary
Carlos Gluschak
Peter Gosse
Joachim Gräber
Ralph Grüneberger
Hans-Jürgen Heise (Ps.)
Gisela Hemau
Jörg Hirsch
Sibylle Hoffmann
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Dieter Höss
Jan-Eike Hornauer
Roman Israel
Horst Jahns
Johanne Jastram (Ps.)
jottpeh (Ps.)
Stefan Kabisch
Christine Kappe
Karl Kirsch
Eva Kittelmann
Manfred Klenk
Kathrin Knebusch
Katharina Körting
Josef Krug
Grit Kurth
Christine Langer
Anton G. Leitner
Dieter Liewerscheidt
Britta Lübbers
Gustav Lüder
Dietrich Machmer
Helmut Martens
Wolfgang Mayer König
Lisa Elina Memmeler
Eline Menke
Gerd Meyer-Anaya
Sabine Minkwitz
Manfred Moll
Sofie Morin
Andreas Müller
Christoph Müller
Jörg Neugebauer
Walter Neumann
Klaus Nührig
Johann Peter
Jutta Pillat
August von Platen
Nada Pomper
Ariane Hassan Pour-Razavi
Helga Rahn
Anne Rauen
Lutz Rathenow
Andreas Reimann
Andreas-Wolfgang Rohr
Franziska Röchter
Mike Rother
Wolfgang Rischer
Silke Rudl
Bärbel Sanchez
Jürgen Sanders
Ulrich Schacht
Tamara Schinner
André Schinkel
Maren Schönfeld
Ulrich Schröder
Ernst Schulze
Christiane Schulz
Hellmut Seiler
Michael Stahl
Heidrun Stödtler
Ulrich Straeter
Maria Anna Stommel
Bernd Storz
Rüdiger Stüwe
Michael Spyra
Magnus Tautz
Geplant sind zur Präsentation dieser Ausgabe eine Veranstaltung am 26. September 2020 in Leipzig und am 27. Oktober 2020 eine weitere in Tübingen. Nähere Informationen dazu rechtzeitig auf dieser Webseite.
Titelbild nach einem Gemälde von Andreas Weißgeber.
Empfehlung des Monats · Juli 2020
von Jule Weinrot
Der neue Gedichtband von Klára Hůrková – soeben erschienen im chiliverlag – ist das erste Hardcover der Prosa- und Lyrikautorin. Während die tschechisch-deutsche Autorin sonst gerne ihren Gedichten tschechische Übersetzungen gegenüberstellt, verweilt sie diesmal ausschließlich im Deutschen.
Klára Hůrková, die neben der Übersetzung von Gegenwartslyrik gern Bilder malt und Englisch und Kunst unterrichtet, wurde 1962 in Prag geboren:
„Meine Generation ist in einem totalitären Regime aufgewachsen, und aus diesem Grund ist der Wunsch nach Freiheit und Demokratie in uns sehr stark. Wir wollen glauben, dass wir eine Wahl haben … Und viele von uns glauben auch, dass das Wort, die Literatur, eine wirksame Kraft ist, diese Werte zu verteidigen.“ – so die Autorin in einem Interview auf dem Blog der editionfaust mit Eric Giebel, dessen eigener Gedichtband Quecksilber in Manteltaschen (Pop Verlag 2015) möglicherweise für die Autorin eine Inspiration für ihre eigene Titelgebung war.
„In 4 Kapiteln nimmt uns die Dichterin mit auf eine Reise zu verschiedenen Stationen ihres Lebens. Ankünfte, Metropolen, persönliche Begegnungen, Zwiegespräche mit Kunst und Natur, Introspektionen, Erinnerungen, Jahreszeiten, Träume – Hůrkovás Gedichte sind ein Kaleidoskop menschlicher Erfahrungen am Saum verschiedener Welten, in denen die Bedeutung des Wortes überdauert.“ – so die Verlagsbeschreibung. Hůrkovás Band entstand im ersten Quartal dieses Jahres – mitten in einer Zeit, die davon geprägt war (und immer noch ist), weltweit, europaweit, deutschlandweit aufgrund einer Virusbedrohung die Freiheiten der Bürger massiv einzuschränken. So trägt das erste Kapitel – nach dem Prolog stiftenden Gedicht „Heimkehr“ – stimmigerweise den Titel Als wir noch reisten und beginnt mit dem Jahr 1989, mit der Ankunft in Brüssel und der Abgabe von Fingerabdrücken „für das wertvollste Stück Papier“. Es folgen das erste Treffen von „Halbschwestern“, Reisen nach New York, Schweden, Besuche in München und Frankfurt am Main.
Im 2. Kapitel, Zwischen den Häuserzeilen, geht es um das Sesshaftwerden, um Erinnerungen, um die Stadt, Fenster, Zimmer, um das „Land / wo jeder leben will“. In Kapitel 3, Launen der Inseln, begibt sich die Dichterin wieder auf Reisen, diesmal ans Meer. „Jetzt rollt das Meer zurück / flüstert Einschlafmärchen / Seehunden und Walen ins Ohr“; Leuchttürme und Wellen, Damm und Strand, Insel und Hafen, Dünen und Nacht sowie Funde wie Das tote Tier am Strand oder Krähenfeder prägen die Bilder der Gedichte.
Krähenfeder
Ich fand eine Krähenfeder auf der Wiese
Drei weiße Pferde weideten hinterm Zaun
Dein Rücken strahlte nackt in der Sonne
wir gingen am glühenden Weizenfeld entlang
Ich hob die Feder auf
Zu Hause wollte ich damit
ein Gedicht schreiben über die Sonne
die Pferde, deinen Rücken und das Gold im Feld
Aber die Feder wehrte sich
kein Bild entstand
nur farblose Zeichen
Kapitel 4, Jahreszeiten mit Fragezeichen, wirft Fragen auf, nein, stellt Fragen in den Raum, Fragen nach der Endlichkeit, dem unaufhaltsamen Altern („Ich würde gehen / in Richtung Winter“ aus Herbst-Intermezzo; „Und ich frage, wann wir endlich / nach Hause zurückkehren“ aus Winterblau).
Unwucht (Auszug)
…
Im Inneren der Sterne
explodieren Wasserstoffbomben
während ich hier sitze
mit verspanntem Rücken
darüber nachdenke, wie viele Gedichte
ich meinem Alltag entreißen kann
und immer noch
die Welt verstehen möchte
Das Gedicht Mondsuchung beginnt folgendermaßen: „Wenn alle schreiben, nur du nicht …“ Klára Hůrková sagte kürzlich in einem Interview anlässlich ihrer Buchneuerscheinung der Dichterin Safiye Can: „Es macht mich glücklich, andere Menschen glücklich zu sehen, aber manchmal, wenn auch nicht oft, bin ich neidisch und eifersüchtig. Ob die Eitelkeit und Torheit irgendwann im Alter aufhören werden? Das wüsste ich gerne.“ Diese Frage beantwortet sich die Dichterin in ihrem Gedicht Zwischen Herz und Hirn quasi selbst: „Zwischen Herz und Hirn / müssen die Arterien durchlässig sein / da muss das Blut pulsieren / pünktlich wie eine U-Bahn“. Eine solche Ausgewogenheit in der „Blutversorgung“ ist oftmals ein Privileg geglückten Alterns, bei dem die Impulse des Herzens in der Kopfstube und die Vernunft des Geistes im Herz auch ankommen und Gehör finden. Den Mut aufzubringen, diesen Impulsen zu folgen, beschreibt Klára Hůrková in ihrem Gedicht Traum II, das als Wunschbild der Autorin mehr Mut im eigenen Leben herbeitsehnt und das Lyrische Ich als Löwendompteurin im Zirkus auftreten lässt:
Etwas war entfesselt
Mein eigener Mut
Kaum auszuhalten
(Auszug)
Fazit: Dieser besonders schön gestaltete Hardcoverband ist auf jeden Fall eine nähere Betrachtung wert, wenn man sowohl Autorin als auch Verlag näher kennenlernen möchte.
Klára Hůrková, Licht in der Manteltasche
Gedichte, 76 Seiten
ISBN 978-3-943292-86-2
chiliverlag 06.2020, 16,90 EUR
Hartmut Brie (*1943)
Zwischenmenschliches
Ein Wort gibt das andere bei Intoleranz in mieslichen Lebenslagen,
die Streitkultur der Demokratie ist ein strapaziöser Weg,
das tägliche Einerlei bietet keinen Raum für Freundschaftsdienste,
die digitale Welt ergreift Besitz vom Menschen als einem Ganzen,
das Zwischenmenschliche bleibt auf der Strecke ohne Widerspruch,
der Zeitgeist außer Gefecht in zugestellten Dunkelkammern.
Manchmal Sätze auf dem Sprung zu einem Mosaik aus Wortfeldern,
die Menschenrechte als Endprodukt noch immer in Klammern,
die Würde des Menschen ein kostbares Gut auf politischen Stelzen,
die Konflikte auf der ganzen Erde nichts als traurige Bilanzen
einer Fehlinterpretation von unmissverständlichen Regeln im Klartext,
wir streiten öffentlich um Kultur als höchstes Bildungsprivileg.
Quelle: LyrikZeit, deine zeitschrift für lyrik