Erstickte Zeit

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Evelyn von Wietersheim (*1923)

Erstickte Zeit
            (meinem Vater)

Da ist nichts, was dich halten kann.
Die Wärme flieht
In Luft gerinnt ein Fremdes
Greift sich dein Gesicht
Verteidigt Augen, Nase, deinen Mund
Erstickt die Zeit
Kalkweiß.

Stoßweiser Atem gibt dein Leben her –
Ein Fingerzucken
Blinzeln, Schweiß
Die Blume, dir aufs Bett gelegt
Kein Zeichen
Daß du sie noch kennst
Und mich.

 

Quelle:
„Tugenden & Sünden. Gedichte“
„Poesiealbum neu der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik e.V.,
ausgewählt u. herausgegeben von Ralph Grüneberger, Leipzig 2016