Empfehlungen des Monats Oktober 2024

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Empfehlung des Monats Oktober 2024 von Steffen Marciniak:

Rosemarie Zens:
Was wiegen die Wolken

Gebunden, 144 S., 32,00 €
ISBN ‎ ‎ ‎ 978-3962581688
‎ Verlag PalmArtPress, 2024

Nach Ausmessen von Neugier, Protest und Lebenslust auf Wissen und Weisheit vermitteln Gedicht, Prosa und Fotografie in Was wiegen die Wolken Widerstand, Zorn und Hingabe. Durch so viele Welten hindurch gegangen geht es der Autorin um die unlöslichen Verflechtungen von Dingen, Lebewesen und Erkenntnisformen, wie im Duktus ihrer fotografischen Aufnahmen, die in ruhigen Kompositionen die Konzentration auf Wesentliches suchen, getragen von einer Erdenschwere bei aller Liebe zum Skurrilen und Absurden und doch auch mit Hoffnung durch eine in Bildern und Versen eingeholte Sehnsucht. Rosemarie Zens sucht das eigene Schreiben und Fotografieren immer wieder essayistisch einzukreisen. Beide Ausdrucksformen, das fotografische und dichterische Bild, so führt sie aus, „vermischen sich nicht, können sich aber berühren und Zwischenräume gestalten. Durch Bilder begegnen wir der Neugier nach Unerwartetem und folgen dem Wunsch nach existenzieller Vergewisserung.“ Assoziationsketten zu widersprüchlichen Wahrheiten über die Verwobenheit von Natur und Geschichte regen Leser und Betrachter an, diese mit ihrem eigenen Leben füllen. Szenarien lassen sich so widerspiegeln, in denen – wie in unseren Träumen und Reflexionen – Bilder durch Bilder Resonanz finden.

Wolfgang Schiffer:
Ich höre dem Regen zu

Gebunden, 112 S., 20,00 €
ISBN ‎ 978-3946989813
Elif Verlag, 2024

Wohin mit dem Schmerz, den eine Welt bereitet, die sich in Auflösung zu befinden scheint? Wohin mit der Verzweiflung über ein Dasein, das zunehmend einer Selbstvernichtung gleicht? Die Gedichte von Wolfgang Schiffer zeugen von der Schwere, hierfür Worte zu finden, suchen Halt in der Erinnerung an Erlebtem, Gewesenem, schöpfen Trost aus den kleinen Dingen, die dennoch so etwas wie Glück bewirken. Trotz und Trauer prägen die Zeilen, was obsiegt, bleibt ungewiss.

Sonja Crone:
Einen Spalt weit

Broschur, 112 S., 12,50 €
ISBN ‎ 978-3866859920
Geest Verlag, 2024

Die Angst vor Sprachverlust, die Suche nach dem richtigen Ausdruck, nach dem Sprechen als Akt der Selbstfindung ziehen sich durch die Gedichte von Sonja Crone. In einigen Gedichten zeigt sich eine der Inspirationsquellen der Autorin: die philosophische Gedankenwelt. Die Autorin verzichtet bewusst auf „die Enge einzelner Konzepte“ und sucht „vielmehr den Reichtum“. Für sie sind die Gedichte „Spiegelbilder unterschiedlicher Perspektiven auf die Welt und das Menschsein“. Es entstehen ganze Welten, in denen sich der Leser wiederfindet. (aus dem Nachwort von Sigune Schnabel)

Bertram Reinecke:
Daphne, ich bin wütend

Gebunden, 164 S., 19,80 €
ISBN ‎ ‎ ‎ 978-3948305253
‎Poetenladen, 2024

Mit „Daphne, ich bin wütend“ legt Bertram Reinecke einen Gedichtband vor, der vieles bündelt, was Literatur oder Kunst überhaupt ausmacht. Er betrachtet die Erfahrungen der literarischen Tradition als ein Gemeingut, das Ressourcen bereitstellt und, sei es im Privaten oder sei es in der gesellschaftlichen Wirklichkeit, einen utopischen Horizont öffnen kann. – Jenseits von Nostalgie bleibt sein oft überraschender, mitunter humorvoller Zugriff auf Vorgefundenes nicht bei „Bewährtem“ stehen, sondern er experimentiert mit Sprache und erkundet neue poetische Verfahren. Der Band entfaltet damit einen Fächer unterschiedlicher Textformen, der vom leichthin gesetzten freien Vers und dem melancholischen Bonmot über klassische Baumuster wie Sonett und Pantum bis zu strengen Montagen, Mutationsformen und Lautspielen reicht. – Die Texte suchen ein lesendes Gegenüber, das unterschiedliche Formen von Geschriebenem nicht nur kontemplativ betrachten, sondern sich auch produktiv aneignen möchte.

Boris Greff:
Auf der Sternscheinpromenade

Broschur, 76 S., 12,00 €
ISBN ‎ 978-3926800572
Gill Verlag, 2024

„In diesem Band soll es ebenfalls um das Leben in einer Stadt gehen; die vielen Begegnungen der Menschen, die dort leben, aber auch ihre Einsamkeit; die Befindlichkeiten und unerfindlichen Beweg-gründe von Menschen aller Altersklassen; die sozialen Belange, aber auch das private Schicksal des einzelnen Individuums. Sicherlich kommt auch die Kehrseite des urbanen Lebens zur Sprache, Stress, Arbeit, Alltagseinerlei, allerdings ebenso die immerwährende Faszination des städtischen Zusammenlebens, die Vielfalt der Entfaltungsmöglichkeiten, das Verliebt-sein, die Glücksmomente.“ (Auszug aus dem Vorwort von Boris Greff)

Gabriel Wolkenfeld:
Waldalb

Broschur, 32 S., 9,00 €
ISBN ‎ ‎ ‎ 978-3948999322
‎Verlag der 9 Reiche, 2024

Auf den Spuren angeheiterter Heiliger, dem Waldalb auf der Fährte, Baumwipfelpfade entlang, den Brocken hinauf, flussabwärts die Elbe: Als Dichter und Kartograf widmet sich Gabriel Wolkenfeld Städten und Orten in Deutschland. Die Gedichte scheinen in einem fremden Alphabet verfasst, mit Buchstaben, die Chlorophyll enthalten ― nichts Gewöhnliches findet man in diesem Deutschen Album. Wer darin liest, begibt sich auf eine Reise durch Raum und Zeit. Liebes- und Hasserklärungen an deutsche Großstädte finden sich hier, Anbetung neben Anmaßung, obszönes Gekicher. Ein Deutschland, wie Wolkenfeld es erschreibt, lädt dazu ein, das allzu Vertraute mit ganz neuen Augen zu sehen, glänzend und matt, herangezoomt auf Pixelgröße oder betrachtet aus der Entfernung der Sterne.

Jakob Leiner:
Gewetter

Broschur, 104 S., 18,00 €
ISBN ‎ ‎ ‎ 978-3969820575
‎Quintus Verlag, 2022

Jakob Leiners neuer Gedichtband wirft sich der Natur an den Hals, mal bedürftig, mal ungestüm. Es ist eine Hommage an das langsame Reisen und Begreifen, quer durch die Jahreszeiten, kreuz und quer durch Deutschland und Europa – der Versuch einer veränderbaren Weltwahrnehmung, indem an ein zyklisches Zeitempfinden erinnert wird. Kairos und Chronos. Was bleibt? Kann sich das anthropozentrische Spiegelbild (Wer findet das Schönste im ganzen Land?) überhaupt noch mit echter Schönheit anfreunden? Welche Chronik des Vermeidenswerten zeichnet sich ab? Warum schleicht sich andauernd ein hinterhältiges Ich in die Zeilen? Wer braucht hier wen? Maul halten und staunen – wenn es so einfach wäre.

Julia Kulewatz:
Nereiden reden nicht: Tiefseegedichte

Gebunden, 120 S., 22,00 €
ISBN ‎ 978-3949260254
‎ kul-ja! publishing, 2024

Hippokampoi tragen berauschende Schönheit über alle Spiegel der See Mit ihren Nereiden, die natürlich nicht nur daherreden, sondern den Menschen in seinem Tun als ewige Augenzeuginnen aus dem Wasser heraus, aus der Tiefsee selbst mit der Vergangenheit und Zukunft des Menschengeschlechts in der Gegenwart konfrontieren, ist Julia Kulewatz eine lyrische Ausnahmeerscheinung gelungen. Geschickt verbindet sie antiken Mythos mit aktuellem Zeitgeschehen, Klagelied mit Sternenkunde, Kyklopen mit der NASA, Kalypso mit Nihilismus und daraus entstehenden Kaulquappengalaxien. In drei großen Gesängen lässt sie dreiundreißig Wellen, die »wellenweise singende Schwesternschar der Salzfluten«, (manchmal lautmalerisch) zu Wort kommen und zu selbigem stehen. Dabei findet das Gedicht zurück zu seinem Ursprung als Gesang. So sind die Gesichter der Meerestöchter so verschieden voneinander wie die Geschichten, die sie in sich, aus sich heraus in die Menschenwelt tragen. Endgültig und unwiderruflich nehmen die Nereustöchter Gestalt an, ob in Tsunamis oder als kryptisches, unauslöschliches Sternbild der Weissagung, als Warnung für jene, die die Wahrheit singen, von überirdischen Kräften an den Nachthimmel gebannt. Begleitet werden die Gesänge von Patrizia Spiekers 2011 begonnener Collagen-Serie ›Nymphen der Meere‹, während Elke Bludau mit einem Vorwort Welten (er-)öffnet. »Sich im künstlerischen Prozess solch großen Bildern zu nähern, führt in Sphären, denen man gewachsen sein muss. Julia Kulewatz setzt sich aus, denn sie hat keine Angst. Die Vita der Autorin, ihr breites Erfahrungsspektrum, ihr Schaffensmut, belegen dies. Tatsächlich erscheint sie in ihrer Wandlungsfähigkeit wie ein Wasserwesen. Und weil sie keine Angst hat vor Dimensionen, kann sie davon erzählen, tiefes Wissen erinnern oder wecken, um es neu ins Jetzt zu verdichten.« ― (Elke Bludau)