Andreas Reimann mit dem Poesiealbum neu-Preis 2018 geehrt

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Der in diesem Jahr von der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik zum 2. Mal vergebene „Poesiealbum neu-Preis“ geht an den in Leipzig
ansässigen Lyriker Andreas Reimann für sein Gedicht „DIE FRÜCHTE“, das die Jury als das beste aus 200 unveröffentlichten Gedichten
des Jahrgangs 2017 ermittelt hat. Andreas Reimann erhält die Edelfeder der Firma Waldmann KG aus Birkenfeld in der Nähe von Pforzheim.
Die Jury, bestehend aus Dr. Therese Chromik, Dr. Wolfgang Braune-Steininger und Klaus Pankow, hat ihre Entscheidung wie folgt begründet:
Andreas Reimann

 

 

„Andreas Reimann gehört zweifellos zu den großen Dichtern Mitteldeutschlands. Schon mit seinem legendären Sinn und Form-Aufsatz ‚Die neuen Leiden der jungen Lyrik‘ von 1974 hat er dafür plädiert, dass Gedichte genaue Form sein müssen. Sein eigenes poetisches Werk hat diese Forderung eingelöst.

Der Poesiealbum neu-Preis 2018 wird Andreas Reimann für sein Gedicht ‚DIE FRÜCHTE‘ verliehen. Dieser Text ist voller lautmalerischer Fülle des Wohlklangs und des Glücks. Aber das Gedicht endet still, im Schweigen. Die Euphorie der Hymne hat ein Ende. So ist Andreas Reimanns Gedicht ganz gegenwärtig, zweifelnd und verzweifelt.“

Die Preisübergabe erfolgte am Samstag, dem 17. März 2018, bei der Präsentation der neuen Poesiealbum neu-Ausgabe „Vom Glück“ im Gohliser Schlösschen.

 

 

Leipziger Buchmesse 2018, Lyriklesung und Verleihung des Poesiealbum neu-Preises 2018 an Andreas Reimann im Gohliser Schlösschen

 

 

 

 

 

 

 

 

Das verschneite Gohliser Schlösschen im März in Leipzig
Wolfgang Schönfeld, Komponist, Bassist und Kunstmaler, sorgte für musikalische Unterhaltung.
Die Lyrikerin, Kulturjournalistin und Lektorin Maren Schönfeld.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotos: Gustav Franz
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Andreas Reimann

DIE FRÜCHTE

Wie winziglich winzig sind auf der insel
die schwarzen oliven, die grünweißen feigen,
und gleichfarbne trauben, und ebenfalls
die brombeerdunklen, wie nur zum vergleiche
benannten früchte!

Dort zaunköniggroß
wimmeln zikaden in bäumen und büschen:
ein klirren und wimmern und schrillen
ist zwischen den zweigen, metallene saiten
sirren und reißen, das blech der tschinellen
scheppert; wie flimmert die luft,
wie siedet der saft in des ölbaums nüssen!
Und weiß da keiner, ob von der hitze,
ob von dem inselbedröhnenden lärm.

Später, fernab von der insel,
wird man wieder vom markte tragen
die größeren früchte. Es wird aber sein,
als hätten sich unter den festeren schalen
alle aromen in wasser verlaufen.

Und es wird sein eine stille am abend,
dass durch die wand man das rascheln
der kakerlaken, der nachbarn
immerwährendes schweigen hört.

Quelle: „Steinbrech. Gedichte zu Pflanzen“, Poesiealbum neu, Ausgabe 2/2017, zusammengestellt u. hrsg. v. Ralph Grüneberger, Edition kunst & dichtung, Leipzig 2017

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Der Vorsitzende Ralph Grüneberger übergibt den Preis an Andreas Reimann (r.).
Foto oben: Maren Schönfeld