Datum/Zeit
16.03.2018, 20:00
Veranstaltungsort
Buchhandlung Südvorstadt, Leipzig, Karl-Liebknecht-Str. 126
Lesung und Lieder aus den Büchern „Mit Mick Jagger in Plagwitz. Leipzig-Gedichte“ und „Leipziger Liederbuch“
mit
Anna Fey (Gesang)
Ralph Grüneberger (Gedichte, Liedtexte und Lesung)
Walter Thomas Heyn (Kompositionen und Gitarre)
Thomas Schinköth (Einführung)
René Schulze (Klarinette)
Einlass ab 19.45 Uhr
Eintritt frei
Stimmen zum „Leipziger Liederbuch“:
Die erste Version des Leipziger Liederbuches rief Mitte der 1980er Jahre die Zensurbehörden der DDR auf den Plan. Von „sterbenden Dörfern“ zu schreiben, einem „Leben zwischen Abraum und Zeit“, von „grauer Haut“ und verrauchtem „Gelb unterm Blau“ passte nicht ins offizielle Bild. Erst nach Veränderungen durfte 1987 die Premiere stattfinden. Nach einer weiteren Teilaufführung wurde es still um den Zyklus. Ende 2017 erklang das Leipziger Liederbuch in einer erweiterten Fassung, die bis in die Gegenwart führt. Zudem sind die Texte als Buch erschienen, nebst zwei CDs, Notenbildern und dokumentarischen Essays. Entstanden ist dabei ein leidenschaftliches Bild der Stadt und ihrer Menschen, mit vielen Zwischentönen, darunter vom Leben im Leipziger Osten damals und heute.
Thomas Schinköth
Dass das nun erschienene „neue“ Leipziger Liederbuch durchaus auch als ein Beitrag zur Aufarbeitung der SED-Diktatur verstanden werden kann, wird bereits durch die Dankesworte im Eingang vermittelt. Im abermals abgedruckten Vorwort der Originalausgabe von 1987 erfahren wir von den beiden Leipziger Autoren Ralph Grüneberger (Text) und Thomas Heyn (Musik), dass die kontrastreichen musikalischen Stilmittel […] dem Text in seiner Gesamtaussage schlussendlich untergeordnet seien, aber diese unterstreichen sollen.
Franziska Röchter
So erhält diese Sammlung von Texten und musikalischen Umrahmungen eine weit über das Nur-Künstlerische hinausgehende Bedeutung. Sie grenzt an Politik ebenso wie an die Darstellung pseudophilosophischer Grundzüge der DDR und ihrer Auswirkungen auf konkret poetisches und damit nicht nur allgemein-artifizielles Schaffen. Und rührt damit zugleich an die Existenz des Individuums in jener vergangenen diktatorisch agierenden Gesellschaft.
Walter Neumann
30 Jahre später haben beide nun die Chance ergriffen, die Texte noch einmal hervorzuholen, einige auch komplett umzuschreiben, damit auch hörbar wird, dass Leipzig sich verändert hat. Und wie es sich verändert hat. Das neu eingespielte Programm kann man auf der zweiten beigelegten CD anhören. Und natürlich sind auch alle Texte im Buch nachlesbar, ergänzt um weitere Leipzig-Gedichte, in denen sich Grüneberger mit den Wunden seiner Stadt auseinandersetzt, eine Musikrezension von 1987 und natürlich den Essay „Gelebte Zensur“, in dem Grüneberger die ganze Vor- und Nachgeschichte erzählt. Ein Text, der auch spürbar macht, wie frustrierend die permanenten Eingriffe der Mächtigen waren.
Ralf Julke
So entsteht vor unserem inneren Auge noch einmal das Bild des kohlschwarzen, stinkenden, maroden Vorwende-Leipzig: „Die alten zerwohnten Häuser / Krümmen sich hier unterm Rauch / Sie tragen die Himmel seit Kaiser / Kriegsnarben im Mauerwerk auch.“ Das „Leipziger Liederbuch“ lädt ein zu einer Reise in eine Zeit, die nach Jahren gar nicht so weit entfernt liegt und doch hochgradig vergangen und fast schon unwirklich erscheint.
Olaf Schmidt
Dieses „Leipziger Liederbuch“ – halb 80er, halb Gegenwart – ist mit seinen zwei CDs gewissermaßen ein lyrisch-musikalisch-historisches Dokument. […] Damals […] fanden Gedichte und Lieder dieser Art besondere Aufmerksamkeit.[ …] 30 Jahre später sind es andere Wunden, andere Gewalten. Die Zeilen von heute betrachten Straßen im Leipziger Osten, begrüßen „Bienen in Eutritzsch“, wenden sich an einen Fußballgott. Damals wie heute ist Grünebergers Blick auf seine Stadt zugeneigt und desillusioniert.
Janina Fleischer
Hörbeispiele aus dem „Leipziger Liederbuch“
https://www.annafeysopran.de/h%C3%B6rbeispiele/