Peter Bornhöft: Auf Leben und Tod

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Empfehlung des Monats · Juli 2017
von Urte Skaliks 

Ich komme überhaupt nicht aus dem Staunen heraus.

Das ist selten. Ich komme beim Lesen überhaupt nicht aus dem Staunen heraus. Und möchte am liebsten immer nur zitieren und das Büchlein sofort einem Freund schicken.

Aber ich versuche, zuerst etwas über die Gedichte zu sagen.

Sie sind in drei Gruppen geordnet: Wie immer (S. 13–53), Mit halber Stimme (56-75), Auf der anderen Seite (78-98). Explizit sagt das Thema ein Programm an, das wohl auch in Früherem längst als Leitmotiv erkennbar war: es geht um Leben und Tod, es geht um Alter ist Erinnerung (24) und Im Inneren des Glücks (41), um Sommer und Sommerlast: das Land der Sommerlosen / zahllos tot (40), es geht um Fleisch, um Traum und häufig um Schwarz, wo dann das Schwarze Loch einmal Gott und immer wieder Tod heißen wird. Und doch Glück, ja, viel, und große Bilder von Melancholie, Trauer, auch Auflehnung, wie Am Ende (91) im aufgerufenen Bild von C. F. Meyers eingelegten Rudern (92).

Fast ein Resumée scheint mir Das Leben ein Traum:

Am Ende vielleicht / wenn wir gestorben sind / werden wir aufwachen / aus dem Traum unseres Lebens – /

und in dieser Wachheit / dieser entsetzlichen Wachheit /sehn wir die Wahrheit möglicherweise / die ungeschminkte wirkliche Wahrheit /

und dann in diesem Moment / erinnern wir uns an den Traum / an den schönen schrecklichen / lebendigen wirklichen Traum“ (34).

Immer einmal sind da kurze Alltagssentenzen, plötzlich sinnerfüllt: – wo kommen wir denn da hin? – … Wirklich wirklich ist nichts / Das All ist möglich / Aber dann ist es vorbei. / Die große Bewegung des Sterbens / in die Materie der Reglosigkeit / ich habe mir mein Ich nicht ausgesucht / – was wollten wir eigentlich hier? –  / Ein Dankgebet als paradoxe Intervention / to whom it may concern / für den kurzen Aufschub / vor dem Verschwinden (14-15).

Versöhnlich auch Ahnungslos: … Der Zufall der Materie / oder ein Glücksfall / Maß im Übermaß / der dunklen Energie / und Menschen so etwas / wie eine ausgewilderte Mutation / die man später ins Internet stellt / Im Kopf der irre Wunsch / jemandem zu danken / wem auch immer. (89)

Die große Kunst: einfache Worte, alle verständlich, trotzdem oft frappant, in klarer, oft Zeilen überschreitender Gliederung, wenige Satzzeichen, immer  neue Sinnverbindungen, tief anrührend. Wie gesagt, ich möchte immer nur zitieren und werde das neue Buch von Peter Bornhöft mit Freude verschenken. Und ich möchte es all jenen wünschen, die in ihrem scheinbar noch unangefochtenen „Sommer“ leben.

© Urte Skaliks, 06/17

Peter Bornhöft, Auf Leben und Tod. Gedichte,
Shaker media, Aachen 2015,
ISBN 978-3-95631-366-0, 10,90 €

 

 

(c) Peter Bornhöft